Die Truppen einnorden –
Über Lippenstift, Gorillas und harten Change. 

„Kommunizieren Sie den Change, Frau Teppichroth!“ Mit diesem Mandat hat der Vorstand die Kommunikationschefin zurück in ihr Homeoffice geschickt. Großer Wandel steht an. Covid hat gezeigt, wie anfällig die IT der Firma ist und wie schwach die Schnittstellen zu den Kunden. 

Ein Kulturveränderungs-Programm muss her: IT-Budgets werden hochgefahren, der Vertrieb umgebaut. Mehr als 800 Stellen in der Verwaltung sollen wegfallen, aber darüber rede man noch mit dem Betriebsrat. Jetzt gilt es, zu kommunizieren und die Truppen einzunorden. 

CEO Dr. Jürgen Martin ist ungeduldig. Schon eine Woche ist seit der Vorstandssitzung vergangen und Teppichroth kam nicht mit Vorschlägen, sondern bat um einen Termin. Das Ganze sei nicht seriös, sagt sie. Verlangt würden Texte, die harte News schön verpacken und vor allem aufzeigen, wie rosig die Zukunft der Firma wird, wenn der Change zu Ende ist. Man komme aber – wolle man einen guten Job machen – nicht umhin, die Kundinnen und Kunden zu befragen, wie genau sie sich einen guten Service vorstellen, die IT-Anforderungen könnten nicht im IT-Silo festgelegt werden, ohne den Input der Mitarbeitenden aus anderen Funktionen einzuholen … 

Da habe Martin sie unterbrochen. Der Vertriebsvorstand habe schon angerufen: Er würde ja diese paar Texte selber schreiben, wenn er nur die Zeit hätte. 

Damit plagt sich Dr. Martin und er möchte mit mir darüber reden. Ich gebe ihm völlig recht. Mit agilen Methoden Stakeholder einzubinden und aktiv zu beteiligen, sei anstrengend. Es handele sich um einen kontinuierlichen Prozess. Er koste Aufmerksamkeit und Ressourcen. Er erfordere die Fähigkeit, hinzuhören, und die Bereitschaft, sich dem Gehörten anzupassen, statt Workflow-Charts von Beratungen abzuarbeiten. Er solle Teppichroth abmahnen und sie zwingen, die Texte zu schreiben. Damit würde sich das Problem von selber lösen: Sie würde kündigen, der Vertriebsvorstand könne das ja locker mit übernehmen und die Firma werde schon bis Ende seines CEO-Mandats überleben. Danach ist er ja im Ruhestand … 

Ich würde nur raten, bei den in goldenen Rahmen verewigten Unternehmenswerten ein paar herauszunehmen: „langfristig“, „nachhaltig“ „immer kundenorientiert“ und, ja, auch „erfolgreich“. Das wäre Ballast für die Glaubwürdigkeit. 

In der Bequemlichkeitsfalle 

Ich packe meine Sachen zusammen, aber Martin hält mich fest: „Moment mal! Machen Sie es sich nicht zu einfach?“ 

Ich!?!, denke ich. Hätte ich nicht selber seine Fehler zig Mal begangen, würde ich ihm eine Standpauke halten zu verantwortungsvollem Veränderungsmanagement. Ich locke ihn lieber in die Bequemlichkeitsfalle. Soll er doch rumwurschteln, statt seinen Job richtig zu machen. 

Dass ich vermeintlich die Waffen strecke, weckt seinen Widerstand: „Nee, das müssen wir noch mal ganz sauber durchgehen. Ich habe keine Lust, dass in drei Jahren meine Nachfolgerin öffentlich sagt, ich hätte hier ein oberflächliches Change-Programm gemacht, das seinen Namen nicht verdient.“ 

Tja, das nennt man wohl „in der Nachspielzeit noch ein Tor erzielen“. Martin hat bewiesen, dass Resignation genauso wenig weiterführt wie einen Gorilla mit Lippenstift anzumalen, um ihn wie Marilyn Monroe aussehen zu lassen. Und ich schlucke, denn er hat genauso einen Punkt wie ich: Den Job nachlässig machen sollte man nie. Aber resignieren auch nicht. 

 

Aus dem PR Report
Die Kolumne „Auf der Couch des Coaches“

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